Was ist Prokrastination?

Prokrastination betrifft als Aufschieben von Aufgaben, Tätigkeiten und Entscheidungen¹ eigentlich alle Menschen. Die Gründe für das Prokrastinieren sind individuell unterschiedlich. Gerade langweilige, langwierige oder zu komplexe Aufgaben werden gerne vertagt. Realistische Ziele, gute Selbsteinschätzung und sinnerfüllte Aufgaben sind gute Mittel gegen moderate Formen der Prokrastination.

Ist prokrastinieren schlimm?

Für manche Menschen wird das regelmäßige Aufschieben zu einem ernsthaften Problem. Die Wissenschaft spricht dann vom pathologischen Aufschieben von Tätigkeiten.² Damit können negative Gefühle und Gedanken (Versagensängste, Schuldgefühle) einhergehen, oder die eigene Existenz (Verpassen von Fristen / Abgaben)³ und soziale Beziehungen (Verlässlichkeit)⁴ gefährdet werden.

Aufschieben als Forschungsgegenstand

Seit Mitte der 1980er Jahre beschäftigen sich Wissenschaftler*innen weltweit intensiver mit dem weitverbreiteten Phänomen Prokrastination. Inzwischen wird sie in vielen Lebensbereichen empirisch untersucht.⁵ Obwohl sie auch im alltäglichen Leben (z.B. Steuererklärung, Vorsorgetermin, wichtige Lebensentscheidungen) häufig auftritt, konzentriert sich die Forschung primär auf den akademischen Bereich, also in Schule, Studium und Beruf.⁶ Acht von zehn Menschen (82 Prozent) haben laut einer Studie der GDV (2018) in Deutschland⁷ schon finanzielle, berufliche oder gesundheitliche Nachteile erlitten, weil sie wichtige Dinge auf die lange Bank geschoben haben. Aktuell leiden nach Schätzungen 7 bis 15 Prozent so stark an Prokrastination, dass ihr Alltag dadurch konstant belastet ist.⁸

Depression und Prokrastination

Die Post wird nicht mehr geöffnet. Freunde werden nicht mehr zurückgerufen. Wichtige Arbeitsaufgaben bleiben unerledigt. Chronisches Aufschieben kann Hinweis auf eine Depression oder Angststörung sein.⁹ Auch hier werden Aufgaben häufig verschoben, selbst „normale“ Dinge des Alltags scheinen kaum zu bewältigen. Auch der Zusammenhang von ADHS und Prokrastination ist medizinisch anerkannt. Das Aufschieben selbst belastet die Psyche um ein weiteres.¹⁰ Eine Studie an der Uni Mainz in 2016 mit 2.527 Menschen im Alter 14 bis 95 Jahren zeigte, dass ausgeprägtes Aufschiebeverhalten von wichtigen Tätigkeiten mit Stress, Depression, Angst, Einsamkeit und Erschöpfung einhergeht.¹¹ Dann wirkt Prokrastination wie „psychologischer Treibsand“. Sie ist bislang noch nicht als eigene psychische Störung klassifiziert.

Disclaimer: Aufschieben kann eine sinnvolle Entscheidung sein

Das Aufschieben von Aufgaben kann dann eine sinnvolle Entscheidung sein, wenn beispielsweise später mehr Informationen, Zeitkapazitäten oder Hilfsmittel zur Erledigung zur Verfügung stehen.¹² Die Aufgabenstellung kann sich nachträglich ändern, gewisse Kontexte und Bedingungen zur Erledigung der Aufgaben können zu einem späteren Zeitpunkt günstiger sein. „Das Entscheidende an der Prokrastination ist daher nicht das Aufschieben – sondern ein Aufschieben aus irrationalen Gründen, das Nachteile bringt: mehr Stress, mehr Arbeit, mehr Unzufriedenheit, mehr Selbstzweifel.“¹³

Auf das Ausmaß der Prokrastination kommt es an

Apropos:‘Die besten Ideen kommen mir unter der Dusche‘: Prokrastination kann unserer Kreativität zu Gute kommen.¹⁴ Der Arbeitspsychologe Adam Grant von der Universität Pennsylvania hat sich den Zusammenhang in einer Reihe von Studien genauer angeschaut. Das Ergebnis: moderate Prokrastination kann einen mentalen Prozess ankurbeln, den man Inkubation nennt.¹⁵  Das ist eine Phase, in der man – teils bewusst, teils unbewusst – das Problem, das es zu lösen gilt, immer wieder neu strukturiert. Zugleich werden Wissensbereiche im Kopf und Zugang zu bereits vorhandenen Informationen aktiviert, zu denen wir anfangs allerdings keine Verbindung hergestellt hatten. Damit sich Prokrastination positiv auswirkt, müssen zwei Grundvoraussetzungen erfüllt sein¹⁶

  • Du musst für eine Aufgabe oder Arbeit intrinsisch motiviert
  • Deine Aufgabe oder Arbeit erfordert Kreativität. Sonst hat Prokrastination eher keinen positiven Effekt.

„Morgen, morgen, nur nicht heute …“ – Zum Begriff „Prokrastination“

Das Phänomen der Prokrastination ist mindestens so alt wie der schreibende Mensch. Schon der römische Philosoph und Naturforscher Seneca (1 – 65 n. Chr.) hielt in den Epistulae Morales ad Lucilium fest: „Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwierig.“¹⁷ Aber auch griechische Philosophen wie Sokrates (469 – 399 v. Chr.) und Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) beschäftigte der Zustand der „Akrasie“ – nämlich wider besseres Wissen (und im Zweifel auch gar nicht) zu handeln.¹⁸

Der Begriff Prokrastination selbst stammt vom Lateinischen procrastinatio („Aufschub“, „Vertagung“).  Er setzt sich aus der Vorsilbe pro- („vor-„, vorwärts-“) und dem Substantiv crastinum („morgiger Tag“) zusammen. Laut Standardwerk Stowasser zur lateinischen Sprache wird der Begriff seit dem 16. Jahrhundert verwendet.¹⁹

Was bedeutet Prokrastination konkret?

Wäre Prokrastination ein zu bewerbendes Produkt, wären der innere Schweinehund und Ablenkungsfunktion das ergänzende Zubehör. Häufiges Aufschieben bedeutet nicht, dass wir faul oder willensschwach sind.²⁰ Es kann aber ein Hinweis für starke Versagensängste, die falschen Aufgaben oder ein unpassendes Lern- oder Arbeitsumfeld sein. Arbeits- und Organisationspsycholog*innen nennen zwei Hauptgründe für Prokrastination²¹, die viel mit einem Mangel an intrinsischer Motivation zu tun haben.

Hauptgründe:

  • Die Aufgabe wurde nicht von dir selbst gewählt, sondern von anderen für dich vorgegeben.
  • Du hast nicht genügend Vertrauen in dich, um deine Aufgaben anzugehen. Die Aufgaben erscheinen dir dann in der Regel als zu komplex und schwierig, um sie anzugehen.

„Amygdala-Hijack“: so arbeitet der innere Schweinehund

„Amygdala-Hijack“ – so nennt es die Forschung, wenn wir inmitten von Stress noch weniger in der Lage sind, gut durchdachte, zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen.²² Wenn wir mit einer Aufgabe konfrontiert werden, die uns ängstlich oder unsicher macht, nimmt die Amygdala – der „Bedrohungsdetektor“ des Gehirns – diese Aufgabe als echte Gefahr wahr, in diesem Fall für unser Selbstwertgefühl oder unser Wohlbefinden. Selbst wenn wir rational erkennen, dass das Aufschieben der Aufgabe in der Zukunft noch mehr Stress für uns bedeuten wird, arbeitet unser Gehirn trotzdem daran, „die Bedrohung“ in der Gegenwart zu beseitigen.²³ Mit dem Ergebnis: wir prokrastinieren. Was wir vermeiden wollen, ist grundsätzlich also weniger die Aufgabe selbst, sondern eher der Stress, den wir mit ihr verbinden.

Neurologie: eine größere Amygdala macht uns zögerlicher²⁴

Ein deutsches Forschungsteam der Ruhr-Universität untersuchte 2018 insgesamt 264 Proband*innen im Kernspintomografen und bestimmte das Volumen einzelner Hirnareale und deren funktionelle Vernetzung. Gleichzeitig stellten sie sie mit Hilfe eines Fragebogens die Fähigkeit der Proband*innen zur Handlungskontrolle fest. Mit interessantem Ergebnis: Die Proband*innen mit vergleichsweise geringer Handlungskontrolle hatten eine größere Amygdala und so möglicherweise größere Furcht vor den negativen Konsequenzen einer Handlung. Zudem war bei diesen Menschen die funktionelle Verbindung zwischen Amygdala und dem sogenannten dorsalen anterioren cingulären cortex (dorsaler ACC) weniger stark ausgeprägt. Der dorsale ACC nutzt situationsbezogene Informationen, um diejenigen Handlungen auszuwählen, die dann in die Tat umgesetzt werden. Er ist auch an Impulskontrolle und Entscheidungsfindung beteiligt²⁵

Und wie prokrastinierst du so?

Es gibt vielfältige Formen, zu prokrastinieren. Die Psychologie listet zusammengefasst folgende Bestimmungsmerkmale, die aber nicht immer gleichzeitig auftreten müssen:²⁶

  • Du zögerst den tatsächlichen Lern- oder Aufgabenbeginn oder eine Entscheidung hinaus
  • Du verhältst dich konträr zu deinen Zielen / Absichten (intention action gap)
  • Die aufgeschobene Tätigkeit / Entscheidung empfindest du als aversiv (abstoßend)
  • Du gehst grundsätzlich lieber anderen, schneller zu beendenden als den dringlichen Tätigkeiten / Entscheidungen nach

Zur ersten Selbsteinschätzung bietet die Universität Münster einen anonymen Selbsttest an.

Faktoren, die Prokrastination fördern²⁷

Die Gründe fürs Prokrastinieren sind je nach Person höchst unterschiedlich. Lernumgebung, Interessen, Ziele oder Selbstwertgefühl etwa beeinflussen unser Belohnungssystem.²⁸ Als mögliche Faktoren für ein erhöhtes Level an Prokrastination listet die Forschung

  • ausgeprägte Versagens- / Prüfungs- und Kritikängste,
  • als sinnentleert / zu schwierig empfundene Aufgaben
  • wenig direkt greifbare Erfolge, Mangel an Selbstwirksamkeit
  • fehlende Impulskontrolle
  • fehlende Tools für selbstständiges Lernen
  • ein störanfälliges Lern-/Arbeitsumfeld,
  • oder auch schlicht eine unrealistische Planung

in der Aufgabenbewältigung. Allerdings wohnt die Tendenz, Unangenehmes zu verschieben und nach kurzfristigen Belohnungen zu suchen, in allen Menschen. Prokrastination ist ­ – bis zu einem gewissen Grad – also völlig normal.

Unser Gehirn ist ein Fan von Instant Gratification

Vom Griff zum Tablet bis zum Sortieren von Socken: Um einer aus individuellen Gründen unangenehmen Aufgabe aus dem Weg zu gehen, nehmen wir dankbar Ablenkungen an. Die Psychologie nennt das „Alternativtätigkeiten in Querkonkurrenz“.²⁹ Wir wählen diese vor allem, weil sie eine schnellere Belohnung liefern als die Aufgaben, die wir vor uns herschieben. Dieser Hang zu Instant Gratification liegt an der Tendenz unseres Gehirns, eine sofortige Belohnung höher zu bewerten als eine verspätete Belohnung.³⁰ Denn in jedem Fall wird Dopamin, das „Wohlfühl“-Hormon, ausgeschüttet. Und unser Gehirn will die Belohnung lieber sofort als später!³¹ Dieser Umstand führt nicht nur zur Pro- sondern auch zur Präkrastination.

Geschwister: Prokrastination und Präkrastination

2014 entwickelte der Psychologe und Prokrastinations-Forscher David Rosenbaum mit Präkrastination einen Begriff für die Entscheidung³², eine Aufgabe lieber früher als später zu erledigen. Sogar, wenn das mehr Arbeit bedeutet. Im Vorfeld hatte er an der Pennsylvania State University mit seinen Studierenden diverse Testreihen durchgeführt. Ein Testaufbau sah vor, dass in einem Gang Eimer aufgestellt wurden, einer auf der rechten, einer auf der linken Seite, den die Studierenden ins „Ziel“ bringen sollten. Ein Eimer stand dabei näher am „Startpunkt“ als der andere. Er ging davon aus, dass die meisten erst den hinteren Eimer anhoben, um ihn eine kürzere Distanz zu tragen. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass Großteil bereits den ersten Eimer wählte und ihn bis ans Ende des Ganges trug. Rosenbaum schlussfolgerte daraus, dass der psychologische Druck mit der Aufgabe auch nur ein paar Schritte länger zu warten, einfach zu groß war. Präkrastination und Prokrastination gleichen sich also mehr, als es scheint.³³ Sie verfolgen nämlich das gleiche Ziel: einer Aufgabe den Rücken zuzukehren. Eine Aufgabe verfrüht zu erledigen, entspringt derselben Motivation, wie sich von ihr abzuwenden oder abzulenken.

Warum es Prokrastinationsambulanzen für Studierende gibt

Unter Studierenden ist Prokrastination so verbreitet, dass einige Universitäten den Betroffenen schon professionelle Hilfe anbieten. Die Prokrastinations-Ambulanz Münster³⁴ beispielsweise entwarf ein Lernprogramm, mit dem jede Person das eigene störende Verschieben reduzieren kann. Zahlreiche andere Hochschulen setzen es heute in Workshops ein. Hier geht es vor allem um professionelle Unterstützung der individuellen Selbststeuerung. Eine der größten Herausforderung zu Beginn eines Studiums ist nämlich: das Studium auch zu beenden. Dieses Ziel muss jede*r Einzelne schlussendlich in einer Vielzahl von Teilzielen alleine bewältigen.³⁵ In Studien konnte gezeigt werden, dass Studierende vor allem dann prokrastinieren, wenn sie Aufgaben haben, von denen sie nicht wissen, wie sie sie lösen sollen, weil sie vielleicht zu schwierig oder besonders komplex sind.³⁶

Was tun gegen Prokrastination? 6 Tipps für deinen Alltag

Die gute Nachricht ist, dass es nicht nur jede Menge Möglichkeiten gibt, seine Aufgaben unendlich vor sich herzuschieben. Sondern auch jede Menge, um es nicht zu tun (sofern das Prokrastinieren nicht pathologisch und zur echten Belastung wird). Grob gesagt dreht sich alles um:³⁷

  • Sichten der Aufgabe: wie dringlich (z.B. Fristen)? Wie notwendig? (z.B. Vorsorge)
  • Aufbrechen komplexer Aufgabe in Teilaufgaben
  • Begrenzung der Arbeitszeit für Aufgabe
  • Beginn der Aufgabe: Motivation
  • Erledigen der Aufgabe(n): Konzentration, Arbeitsumfeld und Ressourcen.

Prioritäten: Was ist wichtig? Was kann warten?

Manchmal fühlt sich alles gleich wichtig an: endlich zurückrufen, endlich aufräumen, endlich abschicken. Eine einfache Empfehlung zum Sichten deiner Aufgaben ist die Priorisierung.³⁸ Deine Aufgaben gut zu erledigen bedeutet nämlich auch: sie möglichst stressfrei zu erledigen. Und das geht am besten, wenn du Fristen und Deadlines überblickst und schaust, was für dich bei Verpassen zu Stress führen könnte. Von Listen, Post-its an den Wänden oder einer Orga-App auf dem Handy: wie du dir einen Überblick verschaffst, ist deine Wahl. Hauptsache, du hast ihn.

Verknappung fördert die Konzentration³⁹

Ein wichtiger Faktor beim Erledigen von Aufgaben ist Konzentration für die Sache. Und in diese hineinzufinden, kann dauern. Eine Empfehlung aus der Motivationspsychologie lautet hier, ganz klare Zeitfenster für bestimmte Aufgaben festzulegen.

  • Zum Beispiel: „Von 13:00 – 14:00 Uhr suche ich endlich die Unterlagen für die Steuererklärung raus.“
  • Wichtig: Nutzt du das Zeitfenster nicht oder nicht ausreichend, darfst du an diesem Tag auch nicht mehr an der Aufgabe arbeiten. Sondern erst morgen wieder.

Dieser künstlichen Verknappung wird ein wichtiger Lerneffekt zugesprochen. Sie soll dir einerseits helfen, beim nächsten Mal schneller in die Konzentration zu finden. Andererseits musst du für die restliche Zeit des Tages, nicht mehr über Aufgabe nachdenken. Du darfst sie ja heute eh nicht mehr angehen!

Aus der Forschung: Versuchsmodell „Arbeitszeitrestriktion“

Die Forscherinnen Anna Höcker und Margarita Engberding testeten 2012 in einer Studie das Modell „Arbeitszeitrestriktion“ als Mittel gegen Prokrastination.⁴⁰ Den Proband*innen war Arbeiten grundsätzlich verboten – nur ausnahmsweise erlaubt, in zwei täglichen 20-Minuten-Zeitfenstern, deren Anfang und Ende festgelegt waren. Das sollte die Möglichkeit ausschließen, die Aufgabe später zu erledigen. Erst wenn jemand diese Zeiten voll ausschöpfte, durfte das Arbeitspensum nach und nach erhöht werden. Mit Erfolg. Das Ergebnis der Verknappung war ein signifikante Verbesserung des täglichen Arbeitsverhaltens. Der Konzentration versetzte es einen Kick.⁴¹ Ein gutes Argument für die 4-Tage-Woche ist es in jedem Fall.

Die Pomodore-Technik für zeitintensive Aufgaben

Gerade, wenn es um zeitintensive Aufgaben geht, lässt sich der Arbeitsaufwand dafür nicht nur auf beispielsweise eine Stunde täglich verknappen.  Die Pomodore-Technik wurde Ende 1980 von Zeitmanagement-Guru Francesco Cirillo entwickelt und wird viel in Lernkontexten angewandt.⁴² Im Selbstversuch nutzte er dafür eine Eieruhr in Form einer Tomate (pomodore).  Sie teilt sich in vier Arbeitszyklen und ist so simpel wie folgt:

  • 25 Minuten arbeiten
  • 5 Minuten Pause  (idealerweise Bewegung, kein Smartphone)
  • 25 Minuten arbeiten
  • 5 Minuten Pause
  • 25 Minuten arbeiten
  • 5 Minuten Pause
  • 25 Minuten arbeiten
  • 15 bis 20 Minuten Pause

Auch hier helfen die festen Konzentrationsphasen. Die Pausen können den inneren Widerstand gegenüber zeitintensiver Aufgaben verringern und der Kreativität nützen. Das kann aber durchaus von der Tageszeit abhängen, in der du dich gerade befindest.

5, 4, 3, 2, 1: Die 5-Sekunden-Regel

Die 5-Sekunden-Regel ist eine Technik aus dem Selbstmanagement und stammt von US-Bestseller-Autorin und Motivationsrednerin Mel Robbins.⁴³ Sie eignet sich vor allem für Aufgaben, die sich relativ spontan erledigen lassen. Wenn du das nächste Mal an eine aufgeschobene Aufgabe denkst, zähle rückwärts von 5 bis 1 und lege sofort los.

Funktioniert sehr gut für:

„Ich muss immer noch XY zurückrufen.“

„Ich habe diese Mail immer noch nicht beantwortet.“

„Ich muss noch die und die Unterlagen einreichen.“

und ähnlichen Aufgabenkategorien.

TikTok-Hack: Der „einsame Stuhl”

In einem inzwischen vielbeachteten TikTok-Video von User John Terry wurden Menschen dazu aufgefordert, sich jedes Mal auf einen Stuhl in möglichst langweiliger Umgebung zu setzen, wenn sie prokrastinierten.⁴⁴ Die Einheit der Auszeit kann dabei individuell festgelegt werden. Sie sollte aber lang genug sein, um sich zu langweilen. 10 Minuten sind ein guter Start. Die Challenge beinhaltet sowohl Verzicht auf Smartphones und ähnliches, sowie das Sprechen mit Kolleg*innen, falls man im Büro ist. Inzwischen gibt es einige Berichte erfolgreicher Selbstversuche und scheint den Versuch wert zu sein.

Erzähl anderen von deinen Plänen!

Gerade bei größeren und schwierigen Aufgaben oder Entscheidungen kann es helfen, andere in deine Pläne einzuweihen. Sich selbst lässt man gerne auch mal die löchrigsten Ausreden durchgehen. Weihst du andere mit ein, installierst du eine soziale Kontroll-Instanz.⁴⁵ Setze dabei auf ein dich bestärkendes Umfeld, das du auch jederzeit um Rat oder Hilfe fragen könntest. Übersteigen deine Aufgaben deine Fähigkeiten (Stichwort Steuererklärung bei Selbstständigen), hol dir qualifizierte Unterstützung!

Belohnung einbauen? Es kommt darauf an!

Es gibt im Zusammenhang mit Prokrastination immer wieder den Hinweis, sich selbst für das Erledigen von Aufgaben zu belohnen.⁴⁶ Die Belohnung sollte dabei möglichst sofort erfolgen, nachdem die Aufgabe beendet wurde. Dies spielt allerdings in die Hände des Instant Gratification Drives unseres Gehirns. Und verstellt den Blick darauf, dass es schon einen Grund hat, warum wir eine gewisse Aufgabe ablehnen. Weil es eventuell eine Aufgabe ist, mit der wir uns überfordert fühlen, oder der wir einfach nichts mehr abgewinnen können. Natürlich gibt es die Alltime-Uglies wie die Steuererklärung. Für die Erledigung ist eine Belohnung sinnvoll. Wähle am besten eine Belohnung mit relativ geringem “Wert”. So bleibt der extrinsische Anreiz gering und verringert nicht deine intrinsische Motivation. Aufgaben, die den eigenen Beruf oder Entscheidungen, die das eigene Leben betreffen, sollten idealerweise intrinsisch motivieren. Es wäre zumindest schön!

Motivation, bitte! Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen

Ein zentrales Modell der Motivationspsychologie ist das „Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heckhausen (1987).⁴⁷ Zugrunde liegt diesem Modell die historische Überschreitung des Flusses Rubikon durch Julius Cäsar im Januar 49 v. Chr. in Richtung Rom. Weil er gegen die Weisung des Senats handelte, erklärte er damit der Römischen Republik den Krieg. Dass es kein Zurück mehr gab, war ihm wohl bewusst: hier nämlich fielen die berühmten Worte „Der Würfel ist geworfen“ (besser bekannt als „Der Würfel ist gefallen“)⁴⁸. Er markierte damit den Übergang von Motivation zu Handlung.  Die Motivation geht laut Modell jeder Handlung voraus: etwas Gewünschtes soll erreicht, oder etwas Unerwünschtes vermieden werden. Erst danach treten wir in die tatsächliche Handlungsphase, also Planen und Ausführen. Der Übergang von Motivation zu tatsächlicher Handlung ist hier der Schritt über den Rubikon.

Quellen

¹ https://de.in-mind.org/article/prokrastination-morgen-morgen-nur-nicht-heute-sagen-alle-faulen-leute?gclid=Cj0KCQiAosmPBhCPARIsAHOen-N5XjjZMIipUaHF2kVJ6wQoA_aSsQf0gsMhvZYBxpqBLmKwf7HrA9QaAhh0EALw_wcB

² https://www.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/prokrastination.html

³ https://www.goslarsche.de/junge-szene_artikel,-aufschieben-bis-es-nicht-mehr-geht-_arid,2401579.html

https://www.bbc.com/worklife/article/20210310-why-we-procrastinate-on-the-tiniest-of-taskshttps://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2020/10/prokrastination-wann-aufschieben-krankhaft-wird

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https://www.researchgate.net/publication/351513061_Prokrastination_im_Studium_-_eine_quantitative_Studie_zur_differenzierten_Analyse_von_Einflussfaktoren; https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/prokrastinationsambulanz/artikel_prokrastination_morgen_fange_ich_an-1.pdf

https://www.gdv.de/de/medien/aktuell/acht-von-zehn-deutschen-hadern-mit-aufschieberitis-31110

https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psychische-erkrankungen/prokrastination-330392

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¹⁰ https://www.swr.de/swr2/wissen/prokrastination-wann-aufschieben-schadet-und-wann-es-nuetzt-swr2-wissen-2021-09-02-100.html

¹¹https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0148054https://www.rnz.de/panorama/magazin_artikel,-aufschieberitis-wenn-es-zum-problem-wird-aufgaben-staendig-zu-verschieben-_arid,800602.html; https://www.businessinsider.de/karriere/prokrastination-was-man-ueber-aufschieben-weiss-und-was-dagegen-hilft-r/

¹² https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/darum-ist-es-nicht-gut-alles-sofort-zu-erledigen/

¹³ https://www.spiegel.de/karriere/tipps-gegen-aufschieben-und-prokrastinieren-a-a0b49d62-ad98-4885-ad2d-5852ab24c541

¹⁴ https://faculty.wharton.upenn.edu/wp-content/uploads/2020/04/ShinGrant_AMJforthcoming.pdf

¹⁵ https://faculty.wharton.upenn.edu/wp-content/uploads/2020/04/ShinGrant_AMJforthcoming.pdf

¹⁶ https://www.gq-magazin.de/lifestyle/artikel/aufschieberitis-warum-uns-prokrastination-kreativer-macht

¹⁷ https://beruhmte-zitate.de/zitate/130103-seneca-dj-nicht-weil-es-schwierig-ist-wagen-wir-es-nicht-s/https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim_artikel,-hockenheim-gut-ding-will-halt-weile-haben-_arid,1906879.html

¹⁸ https://www.linkedin.com/pulse/akrasia-procrastination-shubham-singh/

¹⁹ https://de.wikipedia.org/wiki/Prokrastination

²⁰ https://www.goslarsche.de/junge-szene_artikel,-aufschieben-bis-es-nicht-mehr-geht-_arid,2401579.html; https://www.deutschlandfunk.de/studie-zu-prokrastination-aufschieben-hat-selten-etwas-mit-100.html

²¹ https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psychische-erkrankungen/prokrastination-330392

²² https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3764505/; https://www.nytimes.com/2019/03/25/smarter-living/why-you-procrastinate-it-has-nothing-to-do-with-self-control.html

²³ https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3764505/

²⁴ https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/wie-sich-die-gehirne-von-machern-und-aufschiebern-unterscheiden-941

²⁵ https://psylex.de/psychologie-lexikon/gehirn/anatomie/anteriorer-cingulaerer-cortex/

²⁶ https://de.in-mind.org/article/prokrastination-morgen-morgen-nur-nicht-heute-sagen-alle-faulen-leute?gclid=Cj0KCQiAosmPBhCPARIsAHOen-N5XjjZMIipUaHF2kVJ6wQoA_aSsQf0gsMhvZYBxpqBLmKwf7HrA9QaAhh0EALw_wcB

²⁷ https://www.fu-berlin.de/sites/studienberatung/projekte/Projekt-Prokrastinationspraxis/Handout-Prokrastinationsstheorie.pdf

²⁸ https://www.deutschlandfunk.de/aufschieberei-arbeitsroutinen-helfen-gegen-prokrastinieren-100.html

²⁹ https://www.grin.com/document/282258https://www.spiegel.de/karriere/tipps-gegen-aufschieben-und-prokrastinieren-a-a0b49d62-ad98-4885-ad2d-5852ab24c541

³⁰ https://www.linkedin.com/pulse/akrasia-procrastination-shubham-singh/

³¹ https://www.psychologytoday.com/us/blog/the-modern-brain/201909/the-real-issue-instant-gratification

³² https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0963721419833652

³³ https://www.scientificamerican.com/article/pre-crastination-the-opposite-of-procrastination/

³⁴ https://www.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/

³⁵ https://www.deutschlandfunk.de/studie-zu-prokrastination-aufschieben-hat-selten-etwas-mit-100.html

³⁶ https://www.deutschlandfunk.de/studie-zu-prokrastination-aufschieben-hat-selten-etwas-mit-100.html

³⁷ https://www.ergotopia.de/blog/prokrastination-ueberwindenhttps://www.elke-praeg.de/publikationen/business-neuroscience/prokrastination/

³⁸ https://karrierebibel.de/prokrastination/

³⁹ https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psychische-erkrankungen/prokrastination-330392https://www.swr.de/swr2/wissen/prokrastination-wann-aufschieben-schadet-und-wann-es-nuetzt-swr2-wissen-2021-09-02-100.html

⁴⁰ https://www.researchgate.net/publication/239781920_Wirksamkeit_von_Arbeitszeitrestriktion_in_der_Prokrastinationsbehandlung

⁴¹ https://www.researchgate.net/publication/239781920_Wirksamkeit_von_Arbeitszeitrestriktion_in_der_Prokrastinationsbehandlung

⁴² https://www.bbc.co.uk/bitesize/articles/zrf27nb; https://francescocirillo.com/pages/pomodoro-technique

⁴³ https://t2informatik.de/wissen-kompakt/5-sekunden-regel/https://melrobbins.com/

⁴⁴ https://www.businessinsider.de/karriere/ich-leide-unter-schlimmer-aufschieberitis-dieser-kleine-hack-hat-mich-dazu-gebracht-viel-weniger-zu-prokrastinieren-b/

⁴⁵ https://utopia.de/ratgeber/prokrastination-5-tipps-wie-du-sie-ueberwindest/

⁴⁶ https://www.gq-magazin.de/lifestyle/artikel/schluss-mit-prokrastination-diese-5-strategien-helfen-wirklich-gegen-die-ewige-aufschieberitis

⁴⁷ https://wuecampus2.uni-wuerzburg.de/moodle/mod/book/view.php?id=322112&chapterid=5249

⁴⁸ https://de.wikipedia.org/wiki/Alea_iacta_est